In den kommenden Wochen werde ich hier in loser Folge einige Erkenntnisse aus meinem Fotografie-Kurs „Schule des Sehens“ diskutieren. Thema dieses Semesters ist „Belebtes und Unbelebtes“, darunter auch „Porträt“.
Unser Kursleiter gestern: „Am besten finde ich es, wenn ein Foto etwas vollkommen Neues zeigt, etwas was es vorher noch nicht gab.“ Ein Satz, den ich ohne Zögern unterschreiben könnte. Als Beispiel mag hier ein älteres Foto von mir gelten, das ich eines Sonntag morgens im Schlafzimmer gemacht habe: völlig fasziniert von dem Lichtzauber in den Vorhängen:
Diese Überzeugung kann aber auch dazu führen, Fotos wie das Folgende abzulehnen …
… mit dem Argument: „Das war halt unser Foto-Hintergrund, der sah eben so aus, du hast ja nichts gemacht.“ Im ersten Moment wurmte mich diese Aussage geradezu, hat doch dieser bemalte Hemdsärmel für mich eine eigene Poesie. Und doch ist der Einwand berechtigt: Die „Kunst“ bestand nur darin, einen guten Ausschnitt zu suchen und eine saubere Aufnahme hinzubekommen. „Das sind Bilder, die man mal so nebenbei macht“, so mein Kursleiter. Stimmt, aber ein winziger nagender Zweifel bleibt.
Eine gute Lehre zog ich hingegen aus dem folgenden Bild, das im Rahmen eines Porträt-Shootings mit Saxofon entstanden ist:
Hier kam es mir auf Gold und Geometrie der parallelen Stangen des Instruments an und auf die damit kontrastierenden Rottöne des Hintergrunds. Die Querstreben zwischen den senkrechten Linien, die im Unscharfen verschwimmen, hatte ich bemerkt, aber erst durch das Gespräch mit dem Kursleiter über das Foto wurde mir klar, dass sie den eigentlichen Reiz ausmachen.
Ausgiebige Diskussionen über eigene und fremde Fotos, jenseits von Technik und vordergründigen „Bewertungen“, das ist genau das, was ich brauche und was mir noch kein Fotoclub geben konnte. Womit man immer rechnen muss, ist das Ego des einen oder anderen, und manchmal auch das eigene … Aber bei der Kritik kein Blatt vor den Mund nehmen ist wichtig, denn nur so kann sich der andere verbessern – oder eben widersprechen: Denn genauso wichtig ist es, die eigenen Fotos zu verteidigen. Oftmals wird mal dem Kritiker, mal dem Kritisierten erst im Laufe der Diskussion klar, worin die Vorzüge oder Fehler eines Fotos bestehen.
Spannend wird es morgen: Eine Exkursion in die Münchner Glyptothek steht an, wo es um das Fotografieren von Skulpturen geht: ohne Blitz, nur mit dem vorhandenen Licht und Stativ.