Eine rege Diskussion über den gestrigen Webmontag läuft ja unter dem unglaublichen Titel „Warmer Arsch“ schon auf dem Stuttgart-Blog , und auch Henning hat was geschrieben. (Links zu allen Rückmeldungen gibt es auf dem Wiki). Zufrieden waren wohl die wenigsten. Ich auch nicht.

Eher ein durch Krankheit verursachtes Missgeschick war offenbar die Tatsache, dass das „Ankommen, Kennenlernen“ usw. in im sterilen Foyer der Hochschule der Medien an Tischen mit überfüllten Aschenbechern stattfand. Dort saßen Leute, von denen man nicht so recht wusste: Studi oder Webmontagler? Manche waren beides, wie sich herausstellte. Auch der Hörsaal war ein denkbar ungünstiger Raum mit seiner Frontal-Sitzordnung. Diskussionslust kam nicht auf. Ließe sich nicht ein Raum finden, in dem man ein wenig „sozialer“ sitzen kann?

Gelungene Intro: Video 3000

Die unguten Gefühle wurden etwas abgemildert, als Uwe Schulz von der HDM uns einen Animationszentrum aus seiner Schule vorführte: „Video 3000„, Best Film & Publikumspreis bei Webcuts 2006, von Jörg Edelmann, Jörn Großhans, Jochen Haussecker, Simon Schleidt und Marc Schleiss, Joh Weisgerber. Eine Animationsfilm in Realkulisse, wirklich sehr gut gemacht, mit witziger Pointe. Die Szene mit dem in der Luft gestoppten Glas erinnert mich an ein spannendes, aber spröde geschriebenes Buch (Thomas Lehr: „42“) über eine Gruppe von Menschen, die plötzlich damit konfrontiert sind, dass nur für sie die Zeit weiterläuft, während für die anderen um sie herum, Tiere, Menschen, Pflanzen, Wetter, die Zeit stillsteht. Sie befinden sich in einer Art Zeitblase, und das hat alle möglichen unerquicklichen Auswirkungen. Leider haben sie keine Fernbedienung … (Hier eine Rezension zum Buch.)

Aber ich schweife ab. Herrn Wittmans Blicke nach der Uhr bei den Vorträgen fand ich, anders als manch anderer, ziemlich diskret. Trotzdem war es unnötig, da wir uns ja nicht sklavisch an die Stunde halten mussten. Es war mal wohltuend, nicht zu viele Vorträge zu haben, es hätte also ganz entspannt sein können.

Handys als Fahrplantools

Die beiden Vorträge von Markus Salamon und Veikko Wünsche über mobiles Web aus verschiedenen Perspektiven fand ich noch recht interessant. Fahrpläne übers Handy sind zwar nicht sexy, aber ungemein praktisch, und es wäre klasse, wenn das mal flächendeckend und benutzerfreundlich hinhauen würde. Aber allzu gut scheinen mir die Chancen nicht zu sein (schon allein zwei komplett separate Fahrplansysteme für Nord- und Süddeutschland sprechen dem entgegen).

Communities als Spielwiese

Wenig erleuchtend allerdings Patrick Schnabels Auslassungen über Social Bookmarking am Beispiel von Mister Wong (eher für Anfänger geeignet, die waren nur leider nicht da, wie ich das einschätze) und über Online-Communities (zu den Skripts hier entlang). Letzteres war für mich wider Erwarten ganz anregend, nämlich im Hinblick auf mein Blog, das ja auch eine winzig kleine Online-Community ist, zugegeben eine Sonderform. Interessant Patricks Unterscheidung (rums, jetzt ist doch was umgekippt auf dem Balkon) von Nutzern – suchen „Boulevard“-Angebote, spielen und experimentieren gern – und Mitgliedern – wollen personalisierte Angebote und bleiben nur, wenn sie an einem möglichst komplexen virtuellen Ich feilen können, das ihnen das Abwandern zur Konkurrenz schwer macht. Weiteres: Die besten Besucherzahlen gibt es, wenn den Nutzern a) Betreiber/in persönlich bekannt ist (Überraschung!), oder man b) bereits gute Besucherzahlen hat. Toll. Ich liebe diese Henne-Ei-Probleme! Das erinnert mich an Stellenanzeigen, die blutjunge Bewerber mit jahrelanger Erfahrung suchen.

Trotzdem mein Fazit: Ich baue ein paar Spielwiesen ein, damit ihr Boulevard-Fans euch gut amüsiert, und ihr lockt mir als Gegenleistung dann die Besucher auf den Schauplatz, die sich wirklich für meinen Themen interessieren. Abgemacht? Abgemacht! Der Pageflakes-Notizblog sollte sowas sein, funktionierte aber leider nur für mich selbst. Mal schauen, was es noch gibt.

Atempause mit Foto

Schwächelt ihr schon beim Lesen? Also gut, zwischendurch mime ich mal die Alleinunterhalterin, wenn auch nur als Link: Hier sieht man nämlich Jan Theofel beim Schneiden seines phänomenal realistischen und schmackhaften Fußballkuchens, meine Wenigkeit beim Versuch, meine neu erworbene Lumix zum richtigen Belichten zu bewegen, und im Hintergrund Herrn Wittmann, der die ganze Aktion schmunzelnd beobachtet.

Problem zum Weiterdenken: Wer entwickelt Tagging 3.0?

Im Zusammenhang mit einem der Vorträge wurde angesprochen, dass Tagging nur etwas bringt, solange die Tagging-Wolken (oder Listen) noch klein sind. Große Wolke = große Unübersichtlichkeit. Ein Problem, das einem bei jeder Verschlagwortung begegnet, sei es in der Fotosammlung, in der Bibliothek (die können es zum Glück) oder im Internet. Mich nervt schon allein die Tatsache, dass es so viele Schreibweisen, Ableitungen und Wortzusammensetzungen und womöglich Synonyme gibt, die ich bei einem Thema alle angeben müsste, damit es wirklich von allen, die sich dafür interessieren, gefunden wird (Beispiel: Foto, Photo, Fotografie, Photography, fotografieren usw.).

Gibts doch schon längst, semantisches Web und so weiter. Suchmaschinen haben das Problem ja auch. Deshalb fragen G. und Konsorten ja auch immer brav „Meinten Sie xy?“. Aber fürs Tagging gibts das nicht. Konsequenz müsste sein, dass ich mir, bevor ich irgendwo, sei es im Blog, bei Del.icio.us oder von mir aus Mister Wong oder in der Fotosammlung Schlagworte vergebe, mir erstmal eine möglichst kurze und aussagekräftige Liste derselben anlegen. Das macht wohl niemand, und nicht alle Dienste, Tools oder Software bieten einem die schon vergebenen Schlagworte zur Auswahl an. So kriegt man schnell eine Tagcloud, die einer Gewitterwolkenwand in den Alpen alle Ehre machen würde. Weiß hier jemand Abhilfe?

Stimmungsvoller Ausklang

Na ja, man sieht, der Abend hat doch wieder einige Gedanken in Bewegung gesetzt. Ich freue mich also trotz der erwähnten Schwächen des letzten Webmontags auf den nächsten Termin im gastlicheren Literaturhaus.

Ludwigsburger Bahnhof im Nebel

Auf dem Nachhauseweg konnte ich mich dann doch noch ein wenig näher mit der Lumix vertraut machen. So sah es am Ludwigsburger Bahnhof aus.

Ein stimmungsvolles Ende für einen Webmontag, der sicher bald wieder stimmungsvoller wird!