Am letzten Wochenende betrat ich im Stuttgarter Haus der Wirtschaft die mir unbekannte Welt des BFF – des Bundes Freischaffender Fotodesigner. Aus Anlass des 40-jährigen Geburtstags gab es einen Kongress in der Stadt, in der dieser Verband 1969 in einer Kneipe gegründet wurde – einer der Gründer war übrigens Robert Häusser.
Was ist eigentlich ein Foto-Designer? Der BFF versteht sich traditionell als „Standesorganisation der creativen Werbe-, Mode- und Industrie-Fotografen“ . Man wird auch nicht „einfach so“ aufgenommen, sondern muss bereits „als Fotograf mindestens zwei Jahren selbständig sein und eigenschöpferisch arbeiten“ und einer Gutachterkommission eine Mappe mit 20-30 Arbeiten einreichen. Wer jetzt aber fragt: Was – nur Werbefotografie?, der sollte sich mal die Mitgliederliste ansehen – viele, die Rang und Namen auch im künstlerischen Bereich haben, sind darunter. Zudem ist die Trennung zwischen künstlerischer und (gehobener) Werbefotografie ohnehin fragwürdig.
Dass Werbe- und Industriefotografie im BFF einen hohen Stellenwert hat, zeigte schon das Eingangsreferat zweier „alter Hasen“ mit dem Titel „Alles Google? Oder was?“ Norbert Herold (Ex-Heye, Immer-Werber und Thomas Feicht (Ex-DDC-Präsident, Immer-Netzwerker) beklagten eine Welt des Digitalen, in der Art Directors (so die Werbesprache) bei der Konzeption von Kampagnen eher Google bemühen und das passende Bild zur Aussage suchen, als zur gewünschten Aussage den passenden Fotografen zu suchen, der dann richtig gute Bilder machen würde. Ein Reigen an mittelmäßigen, schlechten und grottenschlechten Kampagnen zog auf der Leinwand vorüber, mit entsprechenden abschätzigen Bemerkungen der Referenten versehen.
Zum Schluss zeigten die Referenten immerhin noch ein paar als gut empfundene Kampagnen – das sind dann wohl solche, in denen der Mensch im Mittelpunkt steht, menschliche Wärme rüberkommt, und sich die Kreativität nicht auf die Auswahl einer geeigneten Stockfoto-Agentur beschränkt. Alles gut und schön, oder eben schlecht und häßlich, aber auf mich wirkte das Ganze wie eine der üblichen Schelten desillusionierter Fotokünstler angesichts der bösen, Qualität gering schätzenden Wirtschaftswelt.
Nächster Redner war Arnoud Overbeeke, ein niederländischer Fotograf, der im wesentlichen seine neuesten Kampagnen präsentierte. Beeindruckend, was er vorstellte – ich konnte nur staunen darüber, welch unglaublichen Aufwand Spitzenfotografen heute so treiben. Zum Beispiel für einen Möbelhersteller an einem einsamen, spektakulär schönen, spektakulär leeren Strandabschnitt von Neuseeland per Hubschrauber diverse Stücke aus der Kollektion abstellen lassen, um sie zu fotografieren. Klar: es gibt dann keine Spuren im Sand um das Möbel. Keine störenden Menschen, die ins Bild laufen. Und natürlich braucht man vier Wochen bezahlte Zeit, um die Location ausfindig zu machen und die Logistik zu regeln. Oder vielleicht ist es die größte Leistung, jemanden zu finden, der das alles bezahlt, statt die naheliegende Frage zu stellen „Schon mal was von Photoshop gehört?“? – Künstlerisch interessant fand ich Overbeekes Aktion zur Eröffnung des Cobra-Museums in Amstelveen: Er fotografierte die Künstler, die dort ausgestellt sind, schickte ihnen die Fotos und bat sie, sich darauf zu „verewigen“ und sie ihm zurückzuschicken. Zu seiner Überraschung machten die meisten Künstler mit. Weiterhin spannend ist seine Landschaftsfotografie, die ein wenig an die englische Landschaftsmalerei des 19. Jahrhunderts erinnert. (Das alles und mehr ist auf der oben verlinkten Website des Fotografen zu finden.)
Erwin Olaf aus Amsterdam wurde u.a. durch seine provozierende Serie „Royal Blood“ berühmt, die eine (dargestellte) Lady Di mit blutverschmiertem Mercedes-Stern im Arm zeigt. Man merkte auch bei seinem Vortrag, dass er gern provoziert, und manches erschien mir denn auch etwas plakativ. Interessanter finde ich Erwin Olafs aktuellere Arbeiten wie „Grief“, „Hope“ oder „Separation“ – Serien, in denen er für die Darstellung klassischer Themen ganze Innenausstattungen in seinem Studio nachbauen ließ. Sein Vortrag war spannend, aber auch einfach zu lang – jetzt musste ich erstmal das Haus verlassen, um durchzuatmen und die Bildwelten sacken zu lassen. Leider habe ich dadurch Nadav Kander und Paolo Pellegrin verpasst. Aber bei solchen Veranstaltungen muss man einfach Mut zur Lücke haben – sonst droht visueller Overkill.
Zur „großen Nacht der Bilder“ war ich wieder da. Zunächst wurden fünf junge Fotografinnen und Fotografen mit dem „21. BFF-Förderpreis und Reinhart-Wolf-Preis 2009“ ausgezeichnet:
Über die Preisträger in Kürze:
- Jörg Brüggemann ist für seine Serie „Same same but different“ über Backpacker in Asien ausgezeichnet worden. Die Serie ist auch online bei der ZEIT zu sehen, ein Interview mit dem Fotografen gibt es dort auch.
- Daniela Droz zeigt in „Pain makes you beautiful“ Fotos von Manipulationen des eigenen Körpers – von der Tätowierung bis zur Schönheitsoperation.
- Frederic Lezmi erforscht in „Von Wien nach Beirut“ die Grenzen zwischen Orient und Okzident.
- Anja Schori untersucht in ihrer Diplomarbeit „Box“ boxende Frauen – eine Serie, die mich persönlich am meisten angesprochen hat.
- Maria Trofimovas Arbeit heißt „Byzantine Superjet“ – kein Kommentar, da ich mir die Serie nicht anschauen konnte.
Neben diesen Ausstellungen sind im Haus der Wirtschaft noch bis zum 18. Juli Fotos von BFF-Ehrenmitgliedern und Gründungsmitgliedern zu sehen – insgesamt über 500 Arbeiten von 250 Fotografen.
Ein Beispiel: Christian von Alvensleben. Seine Fotos von deutschen Prominenten mit Lebensmitteln für die Deutsche Tafel sind schwer beeindruckend. Bekannt ist wahrscheinlich das Foto vom nackten Jürgen Vogel, der sich ein Schweineherz (ist es ein Schweineherz?) an die Brust hält. Mir als Tatort Polizeiruf-Fan gefällt natürlich besonders Edgar Selge im Wirsingkohl:
Die Riege der BFF-Ehrenmitglieder in der zweiten Etage ist ein schönes Wiedersehen mit alten Bekannten und ein beeindruckender Überblick über 40 Jahre Fotografiegeschichte. Und das Haus bietet noch mehr: Ein Tag genügt kaum, sich alles anzuschauen. Weitere Informationen zu den Ausstellungen im Haus der Wirtschaft findet ihr auf der Website des BFF:
Und hier zum guten Schluss noch ein paar Impressionen von Preisverleihung und Ausstellungen:
Leider hast Du Dich für mich schon im zweiten Absatz mit der Aussage “ Zudem ist die Trennung zwischen künstlerischer und (gehobener) Werbefotografie ohnehin fragwürdig “ als ernstzunehmender Blogger zum Thema Proessionelle Fotografie disqualifiziert.
Also, nochmal Hausaufgaben machen und dann nochmal Kopfeinschalten … bitte … Danke
Das musst du mir mal näher erklären. Abgesehen davon sind deine Absenderadresse und deine Rechtschreibung auch nicht sehr vertrauenserweckend, wenn ich mal auf deinen etwas rüden Ton ebenso antworten darf.