Die Welt (des Internet) ist klein, und endlich trägt meine Bloggerei einmal richtig angenehme Früchte. Glenn Gould, Georg Waßmuth und ich treffen uns in den Weiten des Cyberspace und im Netz aus Musik, Radio und Literatur.

Doch von Anfang an: Im Sommer berichtete ich an dieser Stelle vom Klangpark auf dem Killesberg und illustrierte meinen Bericht mit ein paar Fotos, die ich dokumentierenderweise gemacht hatte. Gestern nun schrieb mich der Musikjournalist Georg Waßmuth an, der eine O-Ton-Collage des Klangparks mit einem meiner Bilder illustrieren wollte, wogegen ich natürlich nichts hatte. Auf seiner Seite kann man sich die hörenswerte Collage zu Gehör führen.

Ich entdeckte dann auch, was er sonst noch so macht: viel Interessantes, und eines, was mich als alten Glenn-Gould-Fan besonders interessierte: ein Feature über Thomas Bernhard und Glenn Gould. Unter dem Titel „Man ist ja die Ursache allen Übels selbst – Der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard und der kanadische Pianist Glenn Gould. Zwei Lebensentwürfe in Extremen“ hat er für den SWR ein hervorragendes Hörstück inszeniert, man möchte fast sagen: komponiert. Soeben habe ich es mir in voller Länge angehört.

Erster Eindruck: Hervorragende Sprecher, besonders Achim Höppner als Ich-Erzähler von Bernhards „Der Untergeher“ beeindruckt. Einfache, aber äußerst wirkungsvolle Idee, Glenn Gould, den Fan nächtlicher Ferngespräche, als Telefonstimme auftreten zu lassen. Das Feature verbindet Zitate Goulds mit solchen aus dem Untergeher und aus Interviews mit Thomas Bernhard aus den 1980er Jahren. Ich muss allerdings sagen, dass ich die Interview-Zitate Bernhards vielleicht etwas zusammengestrichen hätte, sind sie doch teils von bedauernswerter Banalität, wie etwa dieses:

Ich habe eine völlig normale Einstellung zum Leben, wie alle anderen normalen Menschen auch wahrscheinlich, ne? Sie ist nicht nur negativ, aber sie ist eben auch nicht nur positiv, ne? Denn man begegnet ja ununterbrochen allem. Das macht ja das Leben aus. Nur negativ das gibt es ja gar nicht – das ist ja Blödsinn. Aber es gibt sicher Leute, die wollen das halt so sehen.

A-ha. Ähem. Na und? Es bewahrheitet sich mal wieder, dass manchmal die Literatur mehr sagt als ihr Autor. Glenn Gould dagegen könnte ich stundenlang zuhören … Aber ich bin natürlich parteiisch. Und mir fiel wieder einmal auf, was für ein ausgemachter Romantiker der gute Gould, der erklärte Anti-Romantiker, in Wirklichkeit war. Wenn er Richard Strauss spielt, zum Beispiel, und wenn er (in diesem Feature nicht zu hören) Orlando Gibbons oder William Byrd spielt … kein Vergleich mit seinen Mozart- oder Beethoven-Interpretationen.

Gould war ja auch selbst Radio-Künstler, das Medium hat ihn sehr interessiert, und er hat einige interessante Features produziert, zum Beispiel über Leopold Stokowski oder Pablo Casals (Hörproben bei Amazon.com, wo man auch Goulds Original-Stimme mal hören kann).

Zwei Schlüsse ziehe ich aus diesem anregenden Kontakt mit einem Seelenverwandten:

  1. bringt die Bloggerei doch manchmal etwas, neben Befriedigung am eigenen Geschreibsel (Egopflege also) vor allem solche Kontakte, und
  2. sollte ich doch mal die Gould-Biographie lesen, die Kevin Bazzana mir seinerzeit zuschickte, nachdem wir die deutsche Ausgabe seiner musikwissenschaftlichen Studie über Gould (wie oben verlinkt) mit vereinten Kräften auf den Weg gebracht hatten. Bazzanas Gould-Biographie ist ja nun auch ebenfalls auf Deutsch erschienen, und vielleicht ärgert sich Bärenreiter ja schon, dass sie damals nicht zugegriffen haben (dann hätte ich sie wohl übersetzt, seufz …).

Also: weiter bloggen, Gould hören, Waßmuth und Bazzana lesen!