Gestern im ZDF: Eine neue Folge der von mir hoch verehrten britischen Serie „Für alle Fälle Fitz“ (brit. Originaltitel: „Cracker“). Absolut gelungen, trotz des Themas, das zur Zeit eh aus allen Sound- und Printöffnungen quillt.Fitz ist ein unförmiger, kettenrauchender, saufender und penetranter Polizeipsychologe aus Manchester, der seine Familie zur Verzweiflung bringt und als brillanter Analytiker, dem nichts allzu Menschliches fremd ist, den Täter entlarvt. In den früheren Folgen (Hintergrund zur Serie siehe Krimiblog) hat Fitz mich oft genervt, aber ich musste sie einfach gucken, weil die Serie wie so viele aus Großbritannien einfach klasse gemacht ist. Kein Vergleich zum Durchschnitts-Tatort.

Der neue Fitz

Fitz erscheint in dieser Folge verblüffend „mellow“, Ecken und Kanten abgeschliffen und dadurch durchaus sympathischer als früher, auch wenn er für die Mithilfe am Fall seine Familie allein zurück nach Australien reisen lässt und seine Tochter bei deren Hochzeit bloßstellt. Im Gegensatz zu Nobbi finde ich die Abwesenheit von Fitzs bohrenden und für die Befragten quälenden Analysen ganz erholsam, und über Glaubwürdigkeitsmängel bezüglich mancher Realia sehe ich meist eh großzügig hinweg.

„War against terrorism“ versus „The troubles“

Spannend finde ich an dieser Folge vor allem die Story: Ein Polizist, früher Soldat in Nordirland, bringt willkürlich und grausam ein paar Amerikaner in Manchester um. Warum tut er das? Er wird die brutalen Bilder aus seiner Dienstzeit in Ulster nicht los, insbesondere ein Erlebnis, bei dem zwei seiner Kameraden in einen Hinterhalt geraten und getötet werden. Was können die Amerikaner dafür? Durch „Nine Eleven“ und alles, was dadurch ausgelöst wurde, wird der Nordirland-Konflikt, den Terry als Krieg erlebt hat, zu bloßen „Unruhen“ degradiert. Es interessiert sich schlicht niemand mehr dafür. Dazu kommt der Hass auf die USA, weil nordirische Terroristen teilweise mit exilirisch-amerikanischen Dollars finanziert werden, und weitere Details, die bei uns kaum jemand kennt. Wie sich der Täter mit seinen Erinnerungen und Aggressionen herumquält, wie er nur die Alternative zwischen Selbstmord und Amoklauf sieht, wie er nicht vor eiskaltem Mord, aber vor dem Selbstmord zurückschreckt – „Du weißt ganz genau, wann die Kugel einschlägt. Das ist echt hart“ –, das erlebt man hautnah mit. Stundenlange nächtliche Telefonate mit den Samaritern können ihm nicht helfen. Seine Frau, obwohl verständnisvoll, begreift nicht wirklich, wie schlimm es um ihn steht. Der Täter wird einem zwar nicht sympathisch, aber, wie Fitz am Ende sagt: verständlich.
Ein erschütterndes Dokument dessen, was der Krieg aus dem Menschen macht. Was der Mensch mit dem Krieg aus anderen Menschen macht.

Schade, dass an den nächsten Sonntagen keine weiteren neuen Folgen gesendet, sondern nur alte wiederholt werden. Sie waren sehr gut, aber ich habe sie teilweise schon mehrfach gesehen. Wer Englisch kann, mag sich solange mit dem Unofficial Guide to Cracker trösten. (Ha! Ich sehe dort gerade einen Ausspruch von Robbie Coltrane: „Fitz hasn’t mellowed at all. He’s still mad, bad and dangerous to know.“ Hmpf. Ich finde nicht.)